Auf dem Alten Nördlichen Friedhof in der Maxvorstadt wird seit den Vierzigern niemand mehr bestattet. Wegen der Schäden des Zweiten Weltkriegs ist auch nur noch ein Bruchteil aller Grabsteine erhalten, die über die Wiesen verstreut stehen. Und so hat sich der alte Friedhof mit den alten Laubbäumen im Lauf der Zeit zu einer wichtigen Erholungsfläche im dicht bebauten Viertel gewandet – er ersetzt den fehlenden Stadtteilpark.
Erwachsene spazieren durch das Wegenetz, kleine Kinder spielen und üben das Radfahren, und abends drehen Jogger ihre Runden entlang der Mauern. Auch für Federball und Boule werden die ungeteerten Wege sporadisch genutzt. Auf den Wiesen zwischen den Gräbern lagern Menschen auf mitgebrachten Decken und Matten, lesen oder genießen einfach die Sonne.
In den Neunzigern wurde der Friedhof noch recht unaufdringlich zur Erholung genutzt – die Anwohner spazierten über die Wege, saßen auf den zahlreichen Bänken und lagen auch mal auf der Wiese. Später wurde der Friedhof aber auch für größere Picknicks, Kindergeburtstage und andere Feierlichkeiten entdeckt, zum Teil sogar mit Musik. Die Münchner Abendzeitung behauptete vor Jahren gar, dass sich Frauen im Friedhof Frauen oben ohne sonnten und Männer ihre Hemden über die Grabsteine hängten.
Doch das waren Ausschmückungen der Realität, allenfalls Einzelfälle, die übertrieben herausgestellt wurden. Sporadisch konnte man aber die ersten Hundehalter sehen, die in den Abendstunden mit ihrem Wuffi den Friedhof durchquerten – da konnte man nur hoffen, dass die Leute, die ihre Meerschweinchen oder Zwergkaninchen mitsamt Gitter dabei hatten, schon wieder zuhause waren.
Auf dem Friedhof wurden auch einige Tatort-Szenen und diverse Fernseh-Interviews gedreht, zum Beispiel mit dem Autor Andreas Altmann. Im Hintergrund war das berühmte Grabmal des Bildhauers Michael Wagmüller zu sehen, das er selbst für seine früh verstorbenen Töchter angefertigt hatte:
Im vergangenen Winterhalbjahr wurden Informationstafeln im Friedhof installiert: In der zentralen Kreuzung des Wegenetzes informierten die metallenen Säulen über die Geschichte des Friedhofs. Und in der Nähe der Eingänge wurden erstmals einige Verhaltensregeln aufgestellt, die die allmählich ausufernde Nutzung wieder in moderatere Bahnen lenken möchten: Parties und Picknick, Ballspiele und Radfahren, Strandlook und Hunde sind nicht erwünscht. Das Lagern auf den Wiesen und das Joggen auf den Wegen ist aber weiterhin erlaubt.
Fotos: eigenes Archiv