Was hat König Ludwig mit der Maxvorstadt zu tun – hat der nicht diese Märchenschlösser gebaut, vor denen die Touristen Schlange stehen? Ja und nein, es geht nämlich um König Ludwig I., den Großvater des Märchenkönigs Ludwig II. Und den Stadtteil nördlich der Innenstadt gäbe es ohne König Ludwig I. nicht in seiner heutigen Prägung.
Vor zweihundert Jahren stieß man nördlich der Münchner Residenz und des Hofgartens nicht auf dicht bebaute Stadtviertel, sondern auf Ackerland und Wiesen, daran schlossen sich Dörfer wie Schwabing an. Doch dann kam König Ludwig: Er ging gerne in München spazieren und brütete dabei zahllose Ideen aus, die von seinen Baumeistern Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner ausgestaltet und so lange umgearbeitet wurden, bis dem König das Ergebnis gefiel. (So einen Chef möchte man nicht haben …!)
Müsste die Maxvorstadt nicht eher Ludwigsvorstadt heißen? Die Frage kam aus dem Publikum der Maxvorstädter Vorlesungen und war an die König-Ludwig-Expertin Hannelore Putz gerichtet, die am Mittwoch über den König und seinen Einfluss auf die Maxvorstadt referierte. Die Auflösung: Die nördliche Stadterweiterung wurde bereits unter König Max Joseph (also Maximilian I. Joseph von Bayern) geplant und am Wittelsbacher Platz in Angriff genommen. Durch die Brienner Straße fuhr man damals mit der Kutsche hinaus nach Nymphenburg, das legte nahe, hier eine Prachtstraße zu bauen.
Vieles wurde aber erst unter Ludwig I. geplant: Damals entstand die Achse von der Feldherrnhalle am Odeonsplatz zum Siegestor, welches dem bayerischen Heer gewidmet wurde. Das Siegestor rückte im Lauf der Planungen auf dem Papier immer weiter nach Norden, um für weitere Projekte Platz zu machen, 1850 war es schließlich fertiggestellt. In die Ära von König Ludwig fallen unter anderem das Hauptgebäude der Universität, die Ludwigskirche und die Staatsbibliothek, die sich an der Ludwigsstraße aufreihen. Damit war die Residenz mehr in die Mitte der Stadt gerückt.
Im Westen wurde unter König Ludwig die Brienner Straße ausgebaut, mit dem klassizistischen Königsplatz entstand eine zweite Hauptachse. Der Obelisk auf dem Königsplatz ist wie das Siegestor dem bayerischen Heer gewidmet, aber speziell den 30.000 Toten, die Napoleon seinem Russlandfeldzug geopfert hatte. Die Inschrift war damals schon sehr umstritten – auf dem Sockel des Obelisken steht auf einer Seite: „Auch sie starben für des Vaterlandes Befreyung“ – das bezieht sich darauf, dass auf die Napoleonischen Kriege die Befreiungskriege folgten. Das sollte den toten Soldaten und ihren Angehörigen einen sinnvollen Platz in der Geschichte des bayerischen Staates einräumen und die noch recht frische Einheit aus Alt- und Neubayern (also mit Franken) stärken.
Die Pinakotheken wurden ein Stück nördlich des Karolinenplatzes auf der grünen Wiese errichtet, um die Kunstschätze vor Feuer aus der Nachbarschaft zu schützen. Die Wittelsbacher hatten durch die Säkularisation viele Gemälde hinzugewonnen, die nun in der Alten Pinakothek in München ausgestellt wurden. Die Neue Pinakothek widmete sich der zeitgenössischen Kunst und wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.
König Ludwig formte aber nicht nur die Maxvorstadt. Er ließ auch den Alten Südlichen Friedhof erweitern und prägte die Theresienhöhe mit Bavaria und Ruhmeshalle. Laut Hannelore Putz ließ er ganz Bayern mit Denkmälern überziehen, die er bei Grundsteinlegungen und Einweihungsfeiern vermarktete. Man könnte fast sagen: König Ludwig hat Alt- und Neubayern durch geschicktes Marketing geeint und die Marke Bayern gestärkt. Daran laben sich heute allerlei Sprüchmacher von Oliver Welke bis Horst Seehofer.
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Sehr gern erinnere ich mich an die Baugeschichtevorlesungen von Prof. Walter Haas, so etwa Mitte der 80er Jahre in Darmstadt, der über die Entwicklung der Münchner Ludwigstraße viel zu erzählen wusste. Laut Haas verfügte der bayrische Königshof nicht über die Mittel, das städtebauliche Projekt allein zu stemmen, so dass er Grundstücke im damaligen Neubaugebiet günstig an, heute würde man sagen, Investoren verkaufte – unter der Auflage, die Fassaden gemäß den Klenze- und später Gärtnerschen Entwürfen zu erstellen. Haas wusste dies mit einigen Grundrissen zu belegen, in denen beispielsweise Trennwände mitten in Fenster hineinliefen, weil eben die vorgeschriebene Fassade eben gar nicht zum Raumbedarf des Bauherren passen wollte. Nach unzähligen Umbauten und zwei Weltkriegen nebst Wiederaufbau sind die die Fassaden in der Ludwigstraße und rund um den Karolinenplatz auch heute noch vermutlich das einzige, was an die weltstädtischen Ideen eines Ludwig I erinnert. Im Inneren zeigen sich die Gebäude in diesen Stadtvierteln auch im beginnenden 21. Jahrhundert eher pragmatisch-zweckmäßig.
Interessant, danke für die Ergänzung. Was ich in der Wikipedia über den Haslauer-Block gelesen habe, geht auch in diese Richtung, ist aber denzenter formuliert:
https://de.wikipedia.org/wiki/Haslauer-Block
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