Am Freitagabend bekamen viele Münchner eine größere Gruppe Radfahrer zu sehen, die kreuz und quer durch die Stadt fuhr. Eine Fahrraddemo? Nicht wirklich – eine „Critical Mass“, die es auch in vielen anderen Großstädten gibt: Man trifft sich scheinbar zufällig, um gemeinsam durch die Nacht zu radeln. Ganz so konspirativ geht es in München nicht zu, es gibt ja eine öffentlich einsehbare Facebook-Gruppe, die die Termine bekannt macht. Und die Münchner Polizei ignoriert die harmlose Aktion, vermutlich auf Anweisung von oben.
Der Witz dabei ist: Wenn sich mindestens 16 Leute mit Fahrrad am Treffpunkt zu Füßen der Bavaria einfinden, erlaubt es die Straßenverkehrsordnung, nebeneinander auf der Fahrbahn zu radeln – auch dort, wo ein benutzungspflichtiger Radweg vorhanden wäre. Es geht also darum, eine Fahrspur einzunehmen und selbstbewusster Teil des fließenden Verkehrs zu werden, die genaue Route ergibt sich beim Fahren. Und so fährt man dann gemeinsam über die Hauptverkehrsstraßen der Altstadt und der angrenzenden Stadbezirke – immer schön langsam und diszipliniert, um niemand abzuhängen. Dann darf man sogar als geschlossene Gruppe die Kreuzung überqueren, selbst wenn die Ampel mittendrin umschalten sollte.
Da die Verkehrsregeln rund ums Fahrrad nicht allgemein bekannt sind, kann sich mancher Autofahrer offenbar nicht vorstellen, dass alles mit rechten Dingen zugeht, wenn eine Gruppe Radfahrer mitten auf der Leopoldstraße oder dem Altstadtring unterwegs ist. Wenn der Altstadtring dann für eine kurze Strecke einspurig wird und Autofahrer ihre Geschwindigkeit an Fahrräder anpassen müssen, findet sich auch wer, der aus Protest hupt, obwohl alles korrekt abläuft. Nur durch den Altstadttunnel dürfen wir leider nicht radeln, der ist nämlich als Kraftfahrstraße ausgeschildert und nur bei der Radlnacht fürs Radfahren freigegeben.
Auch mal mitradeln, Autofahrer verblüffen und Fußgängern zuwinken? Einfach am dritten Freitag eines Monats gegen 20 Uhr an der Bavaria auftauchen, los gehts etwas später. Die Tour endet irgendwann in einer Kneipe – oder wenn die Route durchs eigene Viertel führt.
Pause am Friedensengel: Statue mit Leichtfahrrad in Szene gesetzt
Inwiefern „ignoriert“ die Polizei die Aktion? Was soll sie denn tun? Legal ist es, gemeinsame Fahrradausflüge sind auch nicht genehmigungspflichtig. Und für eine extra Begleitung per Polizeiauto gibt es auch keinen Anlass, schließlich enden Critical-Mass-Aktionen gewöhnlich eher in Kneipen denn in Straßenschlachten ;)
Ein begleitendes Polizeiauto oder gar ein Hubschrauber hätte mir auch gerade noch gefehlt :-)
Mit ignorieren meinte ich, dass die Polizei gar nicht erst fragt, um was es sich handelt, obwohl es erst mal nach Demo aussieht (wie ja auch manche Autofahrer oder Flaneure an der Bavaria annehmen). Man ist offenbar gebrieft, dass die Tour existiert und nicht angemeldet werden muss.
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