Bild: Augustenstraße gegen 17 Uhr, am 18. September 2024
Schon im Jahr 2021 hat der Mobilitätsausschuss des Stadtrates beschlossen, dass der Verkehr in der Augustenstraße neu geordnet werden soll. Mittlerweile hat das Mobilitätsreferat konkrete Pläne erarbeitet, die im Sommer dem Bezirksausschuss Maxvorstadt vorgestellt wurden, nachdem dieser darum gebeten hatte. Außerdem lud die hiesige SPD zu einer öffentlichen Diskussion der Pläne ein, die auf den Josephsplatz stattfand und im Lauf des Nachmittags einige Dutzend Leute anzog (siehe nächstes Bild unten).
Der Plan der Stadt für die Augustenstraße
Zwischen Brienner Straße und Görresstraße sollen die Radwege der Augustenstraße zurückgebaut werden. In den Achtzigern wurden diese schmalen Radwege von den ursprünglich breiten Gehwegen abgezwackt, sodass es nun für alle Beteiligten etwas eng werden kann. Das fällt vor allem auf, wenn die Läden offen sind und viele Leute einkaufen, besonders am Freitag und Samstag wird es schwierig.
Benutzungspflichtig sind die alten Radwege zwar nicht (dafür bräuchte es ein blaues Schild und ggf. weitere Voraussetzungen), sie werden aber trotzdem noch intensiv genutzt. Anschauliche Eindrücke mit Fotos vermittelt mein 11 Jahre alter Blogartikel über die Radwege in der Augustenstraße. (Dieser Meinung war offenbar auch das Mobilitätsreferat der Stadt, das bei mir anfragte, ob man sich für die Präsentation im Bezirksausschuss Maxvorstadt ein Foto verwenden könne.)
In Zukunft soll Tempo 30 kommen und die Radler sollen die Fahrbahn nutzen (das ist jetzt schon ganz legal möglich, aber nicht allgemein bekannt). Auch die Zahl der Parkplätze soll von 254 auf 197 reduziert werden, ein Teil davon soll stundenweise zu Lieferzonen umfunktioniert werden. Stellplätze für Räder sollen hinzu kommen. Das klingt erst mal sinnvoll, doch in wesentlichen Details gibt es Bedenken und kontroverse Ansichten.
Der Abschnitt zwischen Theresien- und Gabelsbergerstraße
Diesem Abschnitt haben die Pläne eine Sonderrolle zugedacht: Hier plant die Stadt einen „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ mit Bänken zum Verweilen und nur Tempo 20 statt Tempo 30 (da müssten sogar flotte Radler runterbremsen). Und die Parkplätze sollen vor allem hier wegfallen, nicht etwa über die ganze Augustenstraße verteilt. Der hiesige Bezirksausschuss hatte im Jahr 2021 einen „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ mehrheitlich abgelehnt, darauf wies die SPD Maxvorstadt noch in einer Presseerklärung vom März 2024 hin.
In diesem Teil zwischen Theresien- und Gabelsbergerstraße findet man viele Geschäfte des täglichen Bedarfs: Einen Supermarkt (Rewe), einen Discounter (Netto), einen Bioladen, zweierlei Drogeriemärkte, einen Vinzenzmurr (Münchner Metzgereikette), mehrere Bäckereien und Cafés, darunter das altbekannte, plüschige „Jasmin“. Außerdem gibt es einige öfter wechselnde Imbiss-Angebote, ein besseres Lokal (Augusto 77) und einen Waschsalon. Dazu noch einige weitere Geschäfte wie Tchibo, ein Bekleidungsgeschäft und einen Taschen- und Kofferladen.
Nördlich der Theresienstraße setzt sich das Angebot fort: Hier gibt es für alltägliche Besorgungen eine Apotheke, einen Schreibwarenladen, ein Elektrogeschäft mit Post, indische Lebensmittel, einen Blumenladen, weitere Imbiss-Angebote, eine Eisdiele und die Stadtbibliothek Maxvorstadt. Zusammen mit einem Bekleidungs- und einem Schuhgeschäft ergibt das einen Mix, der nicht so viel anders ist als südlich der Theresienstraße.
Dennoch soll es auf dem auserwählten Abschnitt bis zur Gabelsbergerstraße etwas ganz Besonderes werden. Laufen hier Vorbereitungen für eine Fußgängerzone, in welcher der Radverkehr in Zukunft nur noch toleriert wäre und Autos ganz draußen blieben? Ein weiteres Indiz dafür ist, dass die südliche Zufahrt von der Gabelsbergerstraße in die Augustenstraße mit einer Baumpflanzung betont und verschmälert werden soll.
Wenn man im betreffenden Abschnitt der Augustenstraße eine Weile stehen bleibt und beobachtet, sieht man einige Leute die Straße queren, ohne die Überwege zwischen Ampeln zu benutzen – das spricht klar für weniger Geschwindigkeit. Auch „Querungshilfen“ sind angekündigt – hoffentlich wird das nicht so ein Schilderwald wie an den Zebrastreifen in der Tengstraße.
Diskussionen mit Bedenken zur Verkehrsberuhigung
Doch kämen die Läden, die der täglichen Versorgung dienen, alle gut mit einer radikalen Variante praktisch ohne Parkplätze zurecht, die für diesen Abschnitt vorgesehen ist? Die meisten Kunden kommen zwar zu Fuß oder mit dem Rad zum Einkaufen, man sieht aber doch einige, die größere Besorgungen mit dem Auto machen. Peter Büscher vom Kofferladen und seine Mitstreiter sammeln daher Unterschriften, bisher sind es um 400.
Bild: Diskussion mit der SPD am 5. September 2024 auf dem Josephsplatz
Bei den Gesprächen mit der SPD am Josephsplatz wurden verschiedene Hoffnungen und Befürchtungen ausgesprochen: Die Augustenstraße könnte eine „Fressmeile“ werden, mit mehr abendlichem Lärm – im Worst Case wie in der Türkenstraße, die aber eher zur Partymeile geworden ist: Dort ist abends mehr los als tagsüber, vor allem bei schönem Wetter.
Eine Sozialdemokratin fand mehr Bänke als Treffpunkt gut, weil ihr „das gesellschaftliche Miteinander wichtig ist“. Ein anderes SPD-Mitglied brachte dagegen den Gedanken auf, dass auch Leute auf den Bänken herumsitzen könnten, die man nicht unbedingt hier haben könnte. (Inspiriert von Dieter Reiters „Task Force“ im Alten Botanischen Garten vielleicht …?)
In einem anderen Punkt ist sich die SPD Maxvorstadt noch nicht sicher, ob die Pläne wirklich gelungen sind: Eine exponierte Baumpflanzung an der Ecke Augustenstraße / Gabelsbergerstraße würde die Sichtverbindung zur Kirche am Josephsplatz beeinträchtigen.
Offen bleibt, was die verschiedenen Akteure und Interessierten unter „Lieferzonen“ verstehen: Geplant ist, dass Parkplätze zu bestimmten Zeiten für Lieferanten der Geschäfte reserviert sind. Allerdings lässt sich nicht immer vorhersehen, wann die LKWs kommen. Außerdem sind den ganzen Tag kleinere gewerbliche Fahrzeuge unterwegs, die kurz parken müssen (Pflegedienste, Post- und Kurierfahrer, Kundendienste) und zum Teil möglichst nahe am Haus, um Pakete oder Material nicht unnötig weit schleppen zu müssen.
Ein erstes Fazit aus der Diskussion
Wie auch immer der „verkehrsberuhigte Geschäftsbereich“ zwischen Theresien- und Gabelsbergerstraße im Detail aussehen würde, den Anwohnern und Kunden aus dem Viertel bringt die Sonderrolle wahrscheinlich wenig. Eine allgemeine Verlagerung der Radler auf die Fahrbahn in der ganzen Augustenstraße und durchgehend Tempo 30 würden aber viel Stress aus der derzeitigen Situation herausnehmen.
Tempo 20 ergibt sich oft von selbst, wenn auf der Fahrbahn viel los ist, sich Autos vor den Ampeln stauen und oder viele Radler unterwegs sind (und nicht selten beides zugleich): Denn die Radler können nur dann sicher und korrekt (also mit ausreichend Abstand) überholt werden, wenn die Fahrbahn in der Gegenrichtung frei ist. Ein Beispiel für diese flexible Entschleunigung erlebt man an Wochentagen in der Schellingstraße. Hinzu kommen fast überall Lieferfahrzeuge, die kurz in zweiter Reihe halten und dadurch den Verkehr verlangsamen.
Auch der Nutzen eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs für durchfahrende Radler ist fragwürdig: Wenn sich Fußgänger in diesem Bereich und in einer vielleicht später folgenden Fußgängerzone so entspannt fühlen, dass sie beim Flanieren ins Handy schauen, statt auf Radler und Roller zu achten, führt das nur zu neuen Konflikten.
Längs- und Querparken in der Augustenstraße
Eine Möglichkeit wäre noch, das Querparken auf manchem Abschnitt durch Längsparken zu ersetzen. Damit würde man die Parkplätze ganz moderat und recht gleichmäßig reduzieren. Den zwischen den Bäumen gewonnenen Meter Platz könnte man den Fußgängern überlassen, auch ohne mit der Fläche etwas ganz Bestimmtes anstellen zu müssen. (In welchen Abschnitten der Augustenstraße die parkenden Autos auf einer Straßenseite quer statt parallel zur Straße stehen, hängt übrigens von der Baulinie ab: Wo die Häuser gut einen Meter weiter hinten stehen als anderswo, hat man den zusätzlichen Platz einst den parkenden Autos eingeräumt.)
Wichtig ist aber, dass man bei jeder Art von Umbau darauf achtet, dass man dem Wurzelraum der Ahornbäume nicht zuviel zumutet: Die einige Jahrzehnte alten Bäume in der Augustenstraße machen schon jetzt keinen sonderlich vitalen Eindruck, wenn man sie mit den Ahornen im Alten Nördlichen Friedhof oder manchen Innenhöfen vergleicht.
14.10.2024: Pressetermin der Bürgerinitiative mit CSU/FW
Für heute Vormittag lud die Bürgerinitiative zum Pressetermin in der Augustenstraße ein. Da man sich von der SPD und den Grünen nicht ausreichend gehört fühlte, waren heute Vertreter der Fraktion CSU/Freie Wähler dabei: Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hans Theiss sowie Veronika Mirlach und Hans-Peter Mehling, die beide Mitglieder im Mobilitätsausschuss des Stadtrats sind. Es kamen Vertreter mehrerer Zeitungen und machten Fotos von der Übergabe der Unterschriften an die Stadträte.
Bild: Presse- und Fototermin vor dem Kofferladen mit Initiative und Politik
In einem Hinterhof wurden in Ruhe einige Positionen vorgetragen. Hans Theiss von der CSU unterstützte durchaus, dass der Radverkehr bei Tempo 30 auf die Fahrbahn soll und man auch Sitzgelegenheiten schaffen könnte, aber das geplante Vorhaben sei übertrieben. Auch die Kosten wurden angesprochen – 11 Millionen für die gesamte Umgestaltung der Augustenstraße, davon ein erheblicher Teil für den Abschnitt zwischen Theresien- und Gabelsbergerstraße, der ein „verkehrsberuhigter Geschäftsbereich“ werden soll.
Carina Freytag-Hafen von der Bürgerinitiative wies darauf hin, dass auf Bildern in Materialien, die derartige verkehrsberuhigte Bereiche fordern, immer die Sonne scheint. Aber wie ist es dort bei Regen? Jemand wies darauf hin, dass der Seniorenbeirat genug Parkplätze für alte Menschen wichtig findet. Gegen Ende des Termins kam noch der Geschäftsführer der Diagnoseklinik hinzu, die eher am nördlichen Ende der Augustenstraße liegt, und unterstrich diesen Punkt.
Der Stadtrat wird voraussichtlich im November über die Pläne abstimmen.
Nachtrag: Mehrere Zeitungen haben vom Pressetermin berichtet, auch die Kurznachrichten in der S-Bahn zeigten das Thema auf dem Display an.
Irene Gronegger, Diplom-Geographin und freie Journalistin, wohnt seit 1991 im Viertel (mit zwei Jahren Unterbrechung wegen Aufenthalts in Wien)
Bearbeitungsstand: 17. Oktober 2024 (nach Ergänzungen und zusätzlichem Absatz zum Pressetermin)
Wenn so viele Parkplätze wegfallen, wird das ein Chaos werden…